Die beste Methode, um die Bewegungsabläufe im Aikido zu verinnerlichen, ist unbestritten das regelmäßige Trainieren mit unterschiedlichen Partner*innen. Sie geben uns die entscheidenden Impulse und wir erfahren unmittelbar wie sich unsere Bewegungen auswirken: Uke kommt aus dem Gleichgewicht oder eben nicht.

Es gibt eine weitere Methode, die ich früher zur Prüfungsvorbereitung nutzte, als Kyu-Prüfungen in Großhadern noch obligatorisch waren. Dabei stellt man sich das Gegenüber bildlich vor, inklusive der Bewegungsenergie, die im Angriff auf einem zukommt. Die Abläufe, die später zu einer Technik führen sollen, versucht man sich mental zu vergegenwärtigen und geht sie möglichst genau so durch, wie wenn Uke anwesend wäre. Ich suchte mir für diese Übung gerne einen Platz im Park – nach anfänglichem Unwohlsein ließ ich mich von den erstaunten Blicken einiger Vorbeigehender nicht abschrecken. Das Aikido-Brevier (Verlag Weinmann) gab Orientierungshilfe. Darin ist einiges über unsere Grundtechniken zu erfahren und die schönen Zeichnungen können helfen, die richtigen Wege zu finden. Probiert man es aus, wird schnell klar: Aikido ist in erster Linie Partnerarbeit. Die Dynamik des Angriffs, der richtige Abstand, die körperliche Anwesenheit, das Gewicht und die Ausstrahlung der jeweiligen Partner*in - alles beeinflusst uns - in jedem Augenblick – ein Wechselspiel, ein ständiger Austausch.

Beim Training ohne Partner*in fällt das alles weg. Trotzdem kann es spannend sein sich darauf einzulassen, denn im Gegensatz zum gewohnten Aikido-Training, können wir uns ganz auf die Selbstwahrnehmung unseres eigenen Körpers und seiner Bewegungen konzentrieren. Wie ist mein Stand? Kippe ich mit dem Oberkörper nach vorne? Was macht meine Hüfte? Ist meine Tai Sabaki-Bewegung fließend? Anfangs hat man genug damit zu tun, die Schrittfolgen nachzuvollziehen und mit den Armbewegungen einigermaßen in Einklang zu bringen. Dann kann eine schlichte Tenkan-Bewegung, wie Tai sabaki oder Tenkan ho, schon Herausforderung genug sein.

Vom Aikido können wir lernen, uns auf Situationen unvoreingenommen einzustellen. Übertragen auf unsere immer noch eingeschränkte Trainings-Situation könnte man sagen: Wir müssen zwar momentan auf den direkten Kontakt mit anderen Trainierenden verzichten, können aber wieder gemeinsam auf der Matte stehen, Fallübungen machen, Grundbewegungen üben und uns mit den Holzwaffen, Bokken, Jo und Tanto vertraut machen - mögen sie irgendwann ein Teil von uns selbst und kein Fremdkörper mehr sein - und zudem ein bisschen „Schatten-Aikido“ ausprobieren.

Gudrun

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