Aikido im TSV Großhadern München

View Original

Japan im Oktober: Sechs Münchner im Land des Lächelns

Überwältigende Eindrücke aus Japan

Der Wetterbericht hat einen Taifun angekündigt – doch wider Erwarten verläuft der Lufthansa-Direktflug München : Tokio Narita (66 Kilometer nordöstlich von Tokio) problemlos und auch das Wetter ist nur leicht regnerisch.

„Konnichiwa“ – „jap. Guten Tag!“ Sechs Aikidoka vom TSV Großhadern haben sich im Oktober aufgemacht, die japanische Metropole Tokio und auch ein „Ryokan“ (jap. Reisegasthaus) mit „Onsen“ (heißer Heilquelle) auf der Halbinsel Izu zu besuchen. Sie sind einer Einladung ihres Aikido-Meisters Kenji Shimizu gefolgt, der seit 30 Jahren jedes Jahr nach Deutschland kommt und Lehrgänge gibt. Neben dem Training an der Ursprungsstätte des Aikido stehen Land und Leute ganz im Fokus.

1. Erkenntnis: Japaner sind freundlich und hilfsbereit

Streng mustern die Augen des Zollbeamten den „Gaijin“ (jap. Ausländer), bevor er Stempel sowie Einreiseerklärung (auf keinen Fall entfernen) in den Reisepass fügt. Auf die Frage nach dem Grund der Reise und der Antwort „Aikido“ hellt sich die Miene auf und man wird durchgewunken. Wer sich für das Land des Lächelns interessiert und sei es auch der Versuch, radebrechend erste Worte zu sprechen, der wird von Japanern  freundlich und hilfsbereit in Empfang genommen.

2. Erkenntnis: Japaner halten sich nicht immer an Regeln

Wer das erste Mal Japan bereist, wird die eine oder andere  vorgefasste Meinung – wie auch der Autor – ändern müssen. Der Taxifahrer, der in seiner Großraumlimousine die Münchner im Linksverkehr zielsicher auf dem Highway zum Hotel in Sangenjaya fährt, rast deutlich jenseits des Tempolimits, aber mit traumwandlerischer Sicherheit von einem  Maut-Schlagbaum zum nächsten, der jedes Mal in letzter Sekunde nach oben saust, um die wertvolle Fracht durchzulassen. Respekt!

3. Erkenntnis: In Tokio gelten andere Dimensionen

Die bayerische Landesmetropole wirkt im Vergleich zu Tokio tatsächlich wie das vielzitierte „Dörfchen“. In diesem Häusermeer ragen immer wieder gigantische Hochhausansammlungen heraus – wie zum Beispiel im Bezirk Shinjuku. Die Diskussion um Hochhäuser in München erhalten hier eine andere Perspektive. Rund 30 Millionen Einwohner beherbergt die Region Tokio. Endlos wirkt das Häusermeer, das sich scheinbar bis hin zum heiligen Berg Fuji-san ergießt. Viele Tokioter bewegen sich mit der Metro (und immer mehr auch mit dem Rad) fort, die über ein gigantisches Netz verfügt. Es empfiehlt sich Metro-Karte und auch Stadtplan mit Übersetzung auf das Smartphone zu laden. Und wenn man sich wirklich einmal nicht mehr auskennt, Japaner werden einem immer den Weg weisen, auch wenn sie selber nicht sicher sind, denn sie wollen ihr Gesicht nicht verlieren. Polizei- und Metromitarbeiter helfen auch weiter und die Auskunft stimmt hier auch.

4. Erkenntnis: Tokio ist auch grün

Tokio besteht aus vielen Zentren und Subzentren, die im Laufe der Zeit immer weiter zusammengewachsen sind. Ein gutes Beispiel ist unserer Wohnort Sangenjaya mit dem „Carrot Tower“, der 5 Basements und schlappe 26 Stockwerke misst und unmittelbar am zweigeschossigen Stadt-Highway liegt. Die Einkaufsstraßen drumherum sind schon deutlich niedriger und wer sich in die Wohngebiete wagt, stellt fest, dass es hier auch kleine Häuschen mit grünen Vorgärten und bepflanzten Balkonen gibt. Die 30 Millionen Stadt Tokio hat durchaus auch ihre grünen Seiten – das fällt u.a. auf beim Besuch des „Meiji Shrine“ mit großzügigem Garten, des östlichen Gartens des kaiserlichen Palastes und des „Hama-Rikyū“-Gartens, der nahe des Tsukiji-Fischmarktes liegt. Es gibt noch zahlreiche andere Parks, die liebevoll gepflegt werden. Im Hinblick auf die Olympischen Sommerspiele 2020 will Tokio noch grüner werden, um der sommerlichen Hitze einen natürlichen Puffer entgegensetzen zu können.

5. Erkenntnis: Japan ist zur Zeit durchaus bezahlbar

Apropos Kosten: Japan ist aktuell gar nicht so teuer, wie es den Ruf hat: Der Wechselkurs ist für uns einfach günstig (1 Euro : 137 Yen). Daran ist die wirtschaftliche Lage schuld. Zwar ist alles sauber und ordentlich, doch so richtig rund läuft die Wirtschaft schon seit Jahren nicht mehr. Aktuell versucht die Regierung die Wirtschaft mit Investitionen anzukurbeln. Die Rechnung scheint aufzugehen, denn Japans Industrieproduktion ist im September deutlich gestiegen. Das günstige Geld bewirkt andereseits, dass der Yen im Verhältnis zu anderen Währungen schwächer geworden ist.

6. Erkenntnis: Die japanische Küche ist spannend

Roher Fisch ist nicht jedermanns Sache! Aber „Sashimi“ am Tokioter Fischmarkt ist ein Gedicht. Selbstverständlich gibt es dazu ein Misu-Süppchen, scharfen Wasabi und leckeren eingelegten Ingwer. Der absolute Gegensatz dazu: Die neueste Form des Sushi-Lokals findet sich im Vergnügungsviertel „Shibuja“: Man bestellt am Computertablet und wenig später rollt das Bestellte per Miniförderband an den Tisch. Ob schon Roboter das Sushi in der Küche zubereiten, ließ sich nicht feststellen. Bezahlen muss man zumindest noch bei einer tatsächlich vorhandenen Person. Ansonsten lieben es die Japaner zu kombinieren: Beim Italiener gibt es Nudeln mit einem feinen Pesto, das aus Nori-Algen kreiert wurde. Bei der Garküche um die Ecke gibt es feine Suppen und gefüllte Teigbällchen (jap. Gyoza). Und wer das Glück hat, in einem Ryokan verköstigt zu werden, bekommt Seeschnecke und „Golden Eye Snapper“ serviert. Wer hier nicht kostet, ist selber schuld.

Barbecue im Kannon Onsen

7. Erkenntnis: Japaner lieben Barbecue

Japaner lieben es zu Grillen. Ob Fleisch oder Fisch, Gemüse oder Nudeln, auf den speziellen Grills lässt sich alles perfekt zubereiten. Bei der japanischen Form des Barbecue gibt es leckeres Essen, eisgekühltes Bier, ab und zu flammt ein Feuer auf und man lernt sich näher kennen. Das hiesige Bier schmeckt sehr gut und auch der japanische Wein – rot oder weiß – kann sich sehen lassen. Überraschend: Bei Einbruch der Dunkelheit setzt sich ein Japaner eine goldene Maske auf und läuft durch die Menge. Und am nächsten Tag: Alles ist wieder ordentlich aufgeräumt.

8. Erkenntnis: Japaner sind (meistens) pünktlich

Das Frühtraining im Aikido-Hombu-Dojo Tendokan in Sagenya ist um 6.30 Uhr. In Japan wird vor der Arbeit trainiert. Lediglich beim Abendtraining kann es vorkommen, dass sich einer noch nachträglich hineinschleicht. Dies sei ihm verziehen, wenn man die zurückzulegenden Wegstrecken bedenkt. Und auch die Arbeitszeiten lassen sich nicht mit hiesigen Maßstäben messen. Das Kaufhaus um die Ecke und der Imbiss haben 24 Stunden offen. Kein Wunder, dass einem um 23 Uhr, dann schließen viele  Bars,  Arbeitnehmer aus den Metroschächten entgegendrängen.

9. Erkenntnis: Japaner lieben Mode und Style

Wer die „Omotesando“, Tokios Einkaufs- und Flaniermeile Nummer 1, entlangspaziert, sieht sich in verschiedene Jahrzehnte versetzt. Die 80er Jahre sind z.B. aktuell wieder hip – von der Frisur über die runde Brille, den engen Hosen bis zu den Schuhen – hier stimmt alles. Auch viele andere Styles finden sich hier wieder. Dazwischen taucht ein Manga-Girl auf, das sich ganz nach seinem japanischen Comic-Helden kleidet. Perfektion muss sein!

10. Erkenntnis: Gemeinschaft ist ein hohes Gut

So individuell sich Japaner kleiden, so wichtigt ist ihnen die Gemeinschaft. Zu Beginn eines Ausflugs wird jeder nach seinen Erwartungen gefragt (natürlich auf Video aufgenommen) und zum Abschluss gibt es ein Treffen (und sei es in einer Ecke auf dem Parkplatz), um alle Stimmen einzufangen.

11. Erkenntnis: Um Japan zu entdecken, muss man nicht Aikido machen

Um Japan zu entdecken, muss man nicht unbedingt Aikido machen. Jedoch ist es durchaus von großem Vorteil, wenn man sich im Vorfeld mit einer japanischen Kunst auseinandersetzt und einen Anlaufpunkt in Japan hat. Denn: Japaner kümmern sich um ihre Gäste – das kann vom kleinen Sprachkurs im Bus über eine Führung am Abend durch Bars und Restaurants bis hin dem helfenden Griff des Shiatsu-Meisters reichen. „Arigato gozaimasu.“ – „Herzlichen Dank“!

Bodo-Klaus Eidmann